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Guter, alter Steindruck zeichnet
neue Geschichten

Es muss draussen noch dunkel gewesen sein, als unsere Steindruckfreunde aus Bern, Biel, Zürich und Luzern am Freitag, dem 23. Februar aus dem Bett stiegen. Jede und Jeder hatte ein Ziel, nämlich das Hansheiri-Zweifel-Stübli von Weiss- und Schwarzkunst. Und auch wenn das Wochenende noch verdient werden muss, hat Roger für alle ein Gipfeli beim Bäcker geholt und die Kaffeemaschine angeschaltet. Als erfahrener Kursleiter freut sich Roger Tschopp heute, selbst Teilnehmer zu sein, und legt noch ein paar Äpfel auf den Tisch. Ein Nussgipfel wäre im lieber, denn Äpfel isst er nur, wenn sie gebacken, vermoschtet oder gedörrt daherkommen.

Unser sehr geschätztes Steindruckerpaar, Ernst und Erika Hanke, mit ihrem Hund Peugas kommen mit Alaun, Gummi arabikum, Druckfarben und ein paar Brötli an. Was sie erwartet, wissen sie, denn Roger hat das Zweitagesprogramm mit Ernst zusammen aufgestellt. Dann sind sie alle da, die strahlenden Augen und lächelnden Münder, die hochinteressierten Steindrucker:innen und Freund:innen auf den ersten Blick.

Vom Stübli ins Lithoatelier der Hochschule Luzern sind es nur ein paar Schritte. Die vielen Solnhofner Kalksteine der Lithothek, welche wie in einem Büchergestell stehen, sind alle schwer. An einem besonders grossen Exemplar zeigt Ernst, wie er ihn mit einem kleineren Stein, Wasser und etwas Sand in unterschiedlicher Körnung glatt und fein schleift. Ernst teilt den Stein, der ihr Druckträger wird, in sechs Flächen ein. Mit fetthaltiger Kreide und Tusche kann jetzt gezeichnet werden. Wer hat eine Skizze mitgebracht und wer lässt spontan etwas entstehen? Die Illustrator:innen unter ihnen schwingen gekonnt ihr Schreibgerät. Roger und Erich, sie haben die beiden mittleren Plätze erhalten, warten noch einen Augenblick, bis sie dran sind. Beeindruckt beobachten sie die drei erfahrenen Zeichner und die Zeichnerin.

Roger Tschopp ist nicht der Einzige, der genau hinhört und immer wieder Notizen und Skizzen in sein Büechli macht. Ernst und Erika Hanke teilen grosszügig ihre langjährige Erfahrung und ihr umfangreiches Wissen. Es ist ihnen ein Anliegen, ihr Knowhow weiterzugegeben. Dies ist für die Johannisberg 1911 von unschätzbarem Wert, denn ohne diesen Wissenstransfer würde die 113 Jahre alte Litho-Schnellpresse stillstehen, und angehende Steindrucker müssten sich das Drucken mit einem Buch in der Hand selbst beibringen. Peugas bemerkt von dieser Situation nichts; er schläft währenddessen ruhig in seinem Nestchen und scheint die künstlerische Atmosphäre genauso zu geniessen wie wir.

Die Mittagspause wird genutzt, um sich besser kennenzulernen. Die Liebe zur Kunst und zur Drucktechnik verbindet sie alle. Um am Nachmittag die erste Farbe zu drucken, wird der Stein zur Johannisberg 1911 ins Atelier JB1911 gebracht. Wie im anschliessenden Film zu sehen ist, steht Erika oben und legt die Blätter als «Einlegerin» ein. Roger ist der «Ausleger», er nimmt die Bögen vom Zylinder, und Ernst trägt die Farbe auf, legt nach und hält die Feuchtwalzen nass.

Die Zeichnungen nehmen Form an, und die Vorfreude auf den morgigen Drucktag steigt. Eine Mischung der lithospezifischen Druckmittel, Druckfarbe und Walzenwaschmittel liegt in der Luft, als die Sonne langsam über dem Lithoatelier untergeht. Die Teilnehmer verlassen das Atelier mit strahlenden Gesichtern, erfüllt von einem Tag voller Kreativität und Austausch. Morgen steht das eigentliche Drucken bevor, und die Vorfreude darauf spiegelt sich in den Augen der Teilnehmer wider.

Nach den beiden Tagen sahen die erfahrenen Lithografie-Workshoper und -Workshoperinnen etwas müde, aber glücklich und zufrieden aus. Drei Personen der Hochschule Luzern, Kunst und Design, Roger Tschopp, Erich Egli, sowie Illustrator Simon Beuret vom Atelier Gravure in Moutier gravuremoutier.ch